Mittwoch, 26. April 2006

Rassismus im Evangelischen Hilfswerk?

Rassismus wirft die linke Indymedia dem Ev. Hilfswerk vor. Indymedia ist allerdings bundesdeutsch - und fordert in ihrem aktuell letzten Artikel zusammen mit Pro Asyl u.a. eine "Bleiberechtsregelung jetzt!" für 200.000 Flüchtlinge in Deutschland mit dem Aufenthaltsstatus der Duldung. Es geht also um das Evangelische Hilfswerk in München (nicht um unseres in Österreich!), dass sich in der Wohnungslosenhilfe engagiert. Offensichtlich waren die MitarbeiterInnen gar nicht begeistert, mit ihren Angeboten von "organisierte[n] Bettlerbanden aus dem Ausland" (was immer das jetzt ist) ausgenutzt zu werden - und hofften auf städtische Hilfe, und dazu wiederum auf öffentliche Aufmerksamkeit für dieses "Problem" (. Entsprechend ein Artikel im Münchner Diakonie Report (April 2006 S. 12), der dann von "Gundula Hiergeblieben" als rassistisch bezeichnet wurde. In den "Ergänzungen" widersprechen dem die "Rote Zora" und andere...

In Kürze noch ein paar Beobachtungen dazu:
  1. Gerade Arbeit im sozialen Bereich hat immer wieder die Aufgabe, Probleme für Öffentlichkeiten zu schaffen, die in Diskursarenen bearbeitet werden können (von geschlagenen Ehefrauen über das neue Fremdenpaket in Österreich bis hin zu Trunkenheit am Steuer). Dies ist bekanntermaßen ein durchaus zweischneidiges Schwert. Der erwähnte Artikel ist ein Beispiel dazu.
  2. Diese Konstruktion eines Problems erfolgt auch aus einem so verstandenen Mandat für ein Problem und ggf. die davon Betroffenen. Diese anwaltliche Funktion beinhaltet natürlich einerseits die Fallenkonstellation, in die Probleme der Betroffenen so verstrickt zu werden und diese so zu vertreten, dass sich z. B. (ggf. latente) Verlaufskurvenproblematiken der Betroffenen noch verstärken können (im beschriebenen Fall z. B. durch die Hilfe für "organisierte Banden"), andererseits besteht auch die Gefahr, nach erfolgreicher Problematisierung das öffentliche (gesellschaftliche/staatliche) Mandat für eine "Lösung" des Problems dahingehend zu erhalten, dass dieses ebenfalls eine nachhaltige Bearbeitung der Problematiken verunmöglicht, indem es z.B. die Problematiken verindividualisisiert und die Emergenz kollektiver Lösungen erübrigt.
  3. Bei der Besetzung öffentlicher Probleme geht es auch immer Ressourcen- (und damit: Macht-)Fragen - etwa um die Verteilung der (notwendig immer) knappen Budgets für durch eine Öffentlichkeit finanzierte Bearbeitung öffentlich wahrgenommener sozialer Probleme. Insofern erfolgt die Konstruktion öffentlicher Probleme auch im Hinblick auf eine "Konkurrenz" sozialer Probleme (um Aufmerksamkeit -hier als eine Art soziales Kapital beschreibbar- und Ressourcen) und der davon Betroffenen. Für von Unterschichtung Betroffene ist diese Konkurrenz auch Bestandteil der Konstruktion von Selbstwert in ihrer Identität (hier sei nur auf Rassismus unter ZuwandererInnen hingewiesen - wobei dieser jedoch auch nur eine selbstwertschützende Replikation der Attributionen -und ihrer Ambivalenzen- der dominanten Kultur(en) zu sein scheint)
  4. Da ich bereits das Wort Rassismus verwendete, sei angemerkt, dass es sich hier meist n meiner Terminologie eigentlich nicht um Rassismus handeln würde - es scheint mir sinnvoll, auch die Kategorie "Rassismus" genauer aufzuschlüsseln. Es erscheint mir nicht abwegig, Stereotype, die explizit auf Religion oder Nationalität begründet sind, nicht immer unter "Rassismus" zu fassen, sondern diese als eine Gemengelage von (moralisch / wertend hierarchisierten) Stereotypen zu analysieren. Damit kämen wir wohl auch unserem eigenen "Alltagsrassismus" stärker auf die Spur.

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