Mittwoch, 16. Mai 2007

Die Etiquette Österreichs?

Mit großem Genuss "The rules of sidewalk etiquette" (via Silkester) gesehen. Hatte ja schon vor einer ganzen Zeit auf Videojug aufmerksam gemacht, vor allem uns' Team (nur noch bis Ende Juni) - Isabella, Ramona, Andrea ...

Wir waren uns alle einig, dass es eigentlich extrem wichtig wäre, kleine "Lehrfilme" für Flüchtlinge zu entwickeln. Einfach erklärt, in verschiedenen Sprachen. Nur - keine Zeit, echt. Aber: kommt noch. Hab ich mir mal selbst so versprochen ... Problem natürlich: die DarstellerInnen. Und die Videoprofis. Wenn jemand(e) interessiert ist ... ;-)

Einmal mehr: Web 2.0 - was ist das?

Wieder einmal und wieder einmal nicht schlecht gemacht: Ein "Web 2.0 - was ist das?"-Video.

Tirol macht's vor, Gusenbauer nach - und Salzburg kommt auch ganz langsam ...

Ja, und lieber ORF im Bericht über fluequal und die Tagung in Virgil, nicht nur WirtschaftsexpertInnen stehen zur Arbeit für AsylwerberInnen. Auch Gusenbauer. In der Tiroler Tageszeitung. Am 19.4.2007.

TT: Konkrete Probleme gibt es im Asylbereich. Asylwerber sind oft jahrelang zum Herumsitzen verurteilt, weil sie keine Arbeitsgenehmigung erhalten. Wollen Sie das ändern?

Gusenbauer: Ja. Jeder, der sich rechtmäßig in Österreich aufhält, und das ist auch ein Asylwerber, soll das Recht haben, sich sein eigenes Brot zu verdienen.

Und das konnten wir am nächsten Tag auf unserer Tagung in St. Johann von der Quelle selbst erfahren, von Wolfgang Reismann von der Tiroler Gemeinde Hall, über die der ORF schreibt:
Lichtblick Hall
Die Volkseele kochte auch in Hall bei Innsbruck im vergangenen Sommer. In einem Altersheim sollten die Asylwerber untergebracht werden. "Unmöglich", winkten die Haller ab. Es gab politische Diskussionen und die Wogen schlugen hoch. Doch mit vereinten Kräften konnten die Bedenken aus dem Weg geräumt werden.

Mittlerweile sind die Flüchtlinge ins Annaheim eingezogen. Innerhalb weniger Wochen wurde das ehemalige Altersheim für sie adaptiert. Die Flüchtlinge haben sich mittlerweile ins gesellschaftliche Leben gut integriert.

Neben Herberge auch Arbeit
Die Stadt Hall gibt den Menschen inzwischen nicht nur eine Herberge. Sie hat sogar eine Möglichkeit gefunden, die Flüchtlinge zu beschäftigen. Und auch viele Haller haben ihre Meinung inzwischen geändert. Sie sehen die Flüchtlinge jetzt eher als Bereicherung anstatt als Bedrohung:

"Die Haller helfen jetzt den Flüchtlingen, wo es nur geht, sich in ihrer neuen Heimat wohl zu fühlen", sagt die Leiterin des Flüchtlingsheimes, Kerstin Pfeifer, und sieht auch - was die Sprachbarrieren betrifft - wenig Probleme. Denn Sprachkenntnisse sind bei den Flüchtlingen bereits vorhanden.
Ja, genau davon konnte Reismann auf der Tagung auch berichten, ein positives Beispiel für die anwesenden Bürgermeister aus dem Bundesland Salzburg. Tirol macht's vor, wer hätte das gedacht. Und Gusenbauer nach. Und jetzt, in Virgil, auch die SalzburgerInnen. Langsam. Aber es tut sich was.

Montgomerys Weisheit: Bildung und Kontakt

Noch einmal "Anne auf Green Gables" gesehen.

Anne Shirley, ein Waisenkind -und schon zu Anfang des Filmes bekommen wir vermittelt: "Waisenkinder sind doch alle gleich: sie sind Dreck. [...] Dreck, wahr und wahrhaftig Dreck."-, kommt zum Geschwisterpaar Marilla und Matthew Cuthbert, die Anne eigentlich nicht bei sich haben wollten, es sich jetzt aber überlegen und sie "zur Probe" behalten (diese "Probezeit" ist übrigens eine Abweichung von der Buchgrundlage von L. M. Montgomery).

Anne schafft es, eine Freundin von Marilla als "Vettel, alt und häßlich" zu beleidigen(1), wagt sich aber schließlich an eine heuchlerische Entschuldigung. Die Freundin, Rachel Lynde, lässt sich von der Entschuldigung beeindrucken und rät Marilla:
Marilla, was dieses Kind braucht ist eine anständige Erziehung! Das Sonntagsschulpicknick findet an Berrys Weiher statt. Vielleicht gehst Du mit Anne dorthin, damit sie ein paar gleichaltrige wohlerzogene Kinder kennenlernt.
Sie drückt sich zwar etwas absonderlich aus, aber sonst scheint sie in Ordnung.
Marilla:
Damit hast Du sicher recht, Rachel.
Rachel:
Und Probe hin, Probe her, du solltest das Mädchen in die Schule schicken.
Marilla auf dem Rückweg:
Auch wenn ich dich auf die Schule geben würde, so heißt das noch lange nicht, dass ich mich entschieden habe. Ich kann dich ebenso gut wieder herunter nehmen, wenn es sein muss
(auf Englisch findet sich das übrigens hier auf Youtube, ab ca. Minute 5:30 bis 6:04)

Bildung und Kontakt (offene Aufnahme, Austausch, Kommunikation ...) - ich sag es ja immer! Und wie froh wäre ich, wenn einige österreichische PolitikerInnen und DörflerInnen hierin so konservativ wären wie die BewohnerInnen von Prince-Edward-Island vor 100 Jahren.

(1) Ja, ich weiß, ich hab mal was über die "Arroganz" und die "Schulungen" der (bei uns tät man sagen) Noigschmeckten kommentiert

ORF-Screenshots auf flickr


Jo, bei flickr habe ich einige Screenshots eingestellt ...

Fallstricke der Integration und der Exklusion

Im Zusammenhang mit der Fachtagung in Virgil gibt es natürlich auch auf der Homepage vom Salzburger ORF einen kurzen Bericht "Ausländerfeindlichkeit schadet Wirtschaft". Spannend wie immer die "Stimme des Volkes" in den Kommentaren. Einfach ein Beispiel als Zitat, der ja auch zum Fernsehbericht gut passt (Liebe TeilnehmerInnen, liebe Flüchtlinge, bitte unbedingt lesen!):
"Öffnung des Arbeitsmarktes für qualifizierte ausländische Arbeitkräfte" ..kein Wunder das die angebliche Feindlichkeit bei den Österreicher vorhanden ist. Das was momentan den Arbeitsmarkt ÜBERSCHWEMMT sind unqualifizierte (erwachsene und jugendliche)Ausländer - die sich auf unserer Kosten in Schulungen tummeln, voller Stolz und Arroganz Arbeiten nicht annehmen, sich oftmals nicht integrieren wollen, Gender Mainstreaming Training ablehnen....
Die "Hände" offen halten für alles was sie mit Druck an sozialen Leistungen "erwürgen" und dann noch frech über uns lachen und das Geld im Ausland ausgeben.
(Hui, da ist ja jemand sauer. - immerhin gesteht die SchreiberIn zu, dass AusländerInnen auf unsere Kosten Gender Mainstreaming Schulungen erhalten sollen ;-)

Ja - gibt es alles!

Aber cave - erst mal durchchecken, wieviele ÖsterreicherInnen Gender Mainstreaming ablehnen, wenn sie selbst etwas tun (oder verzichten) müssen, wenn es um Pfründe und Geld geht, oder auch nur um Gewohnheiten (Andrea Baldemair bei uns und natürlich Uschi Liebing und Angelika Reichl, uns' KollegInnen von Frau und Arbeit könnten Bände darüber schreiben).

Dann überlegen, dass nach meiner Erfahrung hinter einer ganzen Reihe "Stolz und Arroganz" schlicht Hilflosigkeit in einer fremden Umwelt steckt. Dann gibt es ja auch noch sowas wie Mißverständnisse. Und bei AsylwerberInnen, die den ganzen Tagen in oder vor irgendwelchen Quartieren stecken und schlicht nichts tun dürfen, dass Ihnen dadurch genau das vermittelt wird: sie dürfen nichts tun außer sich wegen irgendwas (Krankheit, Wäsche, was auch immer) bei der richtigen Stelle zu melden und "Anspräche geltend machen".

Wer also sagen wir mal leitender Beamter, studiert, in einer beputschten Regierung war, steht in Österreich herum, hat keinen Kontakt zur Bevölkerung (es gibt ja auch keine Deutschkurse), sieht aber täglich die Autos und die Ordnung und alles, fängt an sich vor dieser Wahrnehmung die Zukunft auszumalen - und kriegt den Schock seines Lebens, wenn er dann nach Anerkennung tatsächlich arbeiten darf, kann, muss, und schlicht nur als Tellerwäscher McJobs findet. Und das darf er dann seiner Frau und seinen Kindern erklären.

Das heißt: wir könnten uns und den Flüchtlingen einiges an Problemen ersparen, wenn sie so früh wie möglich ein realistisches Bild von Österreich bekommen, und eine realistische Wahrnehmng ihrer Perspektiven und sich genau darauf vorbereiten, anstatt untätig Tagträumen nachgehen zu müssen. Und das heißt wiederum: Arbeit UND Kontakt zur Bevölkerung. Es braucht ÖsterreicherInnen, die Flüchtlinge in Österreich "einführen" sie wirklich aufnehmen.

Schließlich: bei der Frage der Flüchtlingseigenschaft darf die Qualifikation keine Rolle spielen, hier lauert eine Gefahr in all der Betonung der tatsächlich vorhandenen Qualifikation von AsylwerberInnen. Eine Frau, die nie lernen durfte, aber die Klappe aufmacht und genau das für sich und ihre Leidensgenossinnen reklamiert ... ich male jetzt einmal nicht plastisch aus, was dann alles passieren kann ... jedenfalls schafft sie knapp die Flucht nach Österreich. Hat sie weniger Recht auf Sicherheit als ein gut ausgebildeter Mann? (ach ja, vergleiche hier)

Auch schließlich: ist diese Frau, die geschockt ist, vielleicht gefoltert wurde, depressiv wird, Bewältigungsarbeit leisten muss, und erst mal zu macht (aka "sich nicht integrieren will") deshalb gleich "Ausschuss"? Braucht sie, ja hat sie nicht erst einmal Anspruch auf Wohlwollen, Begleitung, Unterstützung, Schritte ins Leben hin anstatt auf Mauern und Ablehnung?

"Salzburg heute" über fluequal: die Shownotes

Ich hatte ja eben schon auf das Filmmaterial von unserer Arbeit hingewiesen. Der ORF zeigte uns, genauer gesagt Ramona Kankal und ein Team von Flüchtlingen, in der Sendung "Salzburg heute" bei der Arbeit im Rechnerraum von Virgil. Hab mal schnell noch die Shownotes für die Sendung niedergeschrieben.

Kurz die Shownotes:
0:12
Passenderweise Werbung für Ärzte ohne Grenzen.
Wir schweigen nicht zur Situation von Millionen Flüchtlingen.
0:57:
Nachrichtenmoderator Michael Mair stellt die Hauptthemen von "Salzburg Heute" am 15.05.2007 vor:
Österreich lässt Asylwerber nicht arbeiten und damit viele Talente brachliegen. Das haben auch Wirtschaftsexperten kritisiert auf einer Tagung.
Danach wieder Werbung.

3:18
Die Off-Stimme gibt noch mal die Themenübersicht, als erstes:
Arbeitsgenehmigung für Asylwerber gefordert.

3:37
Anmoderation durch Michael Mair
4:08
Ramona und Flüchtlinge bei der Arbeit

4:25
fluequal-Gesamtkoordinatorin Andrea Stadlmair macht deutlich, dass ein Drittel aller Flüchtlinge Matura oder Uni-Abschluss haben (Excel-Datei, 36kb).
4:50
Footage von unserer Arbeit im Rechnerraum.

4:56
Behnam Aparviz macht deutlich, wie schwer Flüchtlingen die lange Warterei in dieser "zweiten Heimat" fällt.

5:05
Ganz genial - eine TeilnehmerIn von uns (noch in der damaligen Sowjetunion ausgebildete Ärztin, vor 10 Jahren dann aus Afghanistan geflohen - richtig, da war was mit dem Vordringen der Taliban und so, wartet jedenfalls seitdem auf einen positiven Bescheid) wollte gestern noch definitiv nicht gefilmt werden. Hat sich aber dann wohl offenbar doch getraut. Super!
5:20
Überleitung: Vergeudete Jahre nützen weder den Flüchtlingen noch der österreichischen Wirtschaft.
5:32
Bernhard Felderer vom Institut für Hörere Studien Wien stellt dar, dass das Arbeitsverbot für AsylwerberInnen keinen Sinn macht. (Jep, genau der Bernhard Felderer, mit dem ich schon vor 11 Jahren Makroökonomie lernen musste.)
5:46
Vor neuerlichem Footage aus unserer Arbeit erläutert Anja Hagenauer, die Integrationsbeauftragte der Stadt Salzburg, dass Arbeit für AsylwerberInnen Sinn macht.
6:06
Der Sprecher macht deutlich, dass die Legalisierung von Arbeit für AsylwerberInnen von Deutschkursen und sprachlicher Integration begleitet sein muss. Dazu Footage Tagung(Tagungsprogramm, pdf, ca 600kb), Footage unsere Arbeit.
6:19
Ende der Reportage, Nachrichtensprecher leitet zum nächsten Thema über.

Der Gegenbesuch - ORF bei fluequal - work iT!

Tja, im Augenblick komme ich wirklich gar nicht zum Bloggen - aber für eine Meldung unterbreche ich dann doch die "Blogpause":

Nämlich wegen dieser Sendung, Salzburg Heute am 15.05.2007.

Also, im Bildungshaus St. Virgil fand heute eine Tagung zum Thema Migration und Integration statt.

Bei der Gelegenheit hat das ORF-Team gleich mal uns, genauer gesagt Ramona Kankal und ihr Team von Flüchtlingen im Rechnerraum von Virgil besucht, wie sie gerade Bilder auf unsere Seite von Flüchtlingen für Flüchtlinge hochladen. Und heute abend bereits in "Salzburg Heute" um 19 Uhr im ORF als erstes Thema.

Aber Achtung! Es handelt sich hierbei um eine Qualifizierungsmaßnahme des Diakonie Flüchtlingsdienstes, NICHT um gemeinnützige Beschäftigung und die ProjektteilnehmerInnen erhalten für ihre Arbeit KEINE Entlohnung von 5 Euro / Stunde. Hier lag der ORF falsch, das Verdienst, die gemeinnützige Beschäftigung (pdf, 80kb) auf die Agenda gesetzt zu haben, gebührt neidlos der Caritas der Erzdiözese Salzburg. (Viel Erfolg bei Euren Verhandlungen mit der Landesregierung!)

Die Sendung liegt als Stream im Windows-Media-Format vor, und zwar in komprimierter Form als auch in "Fernsehqualität". Diese Linkadressen könnt Ihr direkt öffnen, auch z. B. im Videolan und anderen Abspielprogrammen (hier eine Übersicht über Salzburg Heute vom 15.05.2007). Leider bieten die ORF-Leute keine Möglichkeit zum Einbinden an, eigentlich schade! (theoretisch natürlich trotzdem möglich, aber das fällt in den Referern auf ...)

Der ORF-Besuch bei uns war eigentlich nur ein Gegenbesuch ;-) Denn tatsächlich, wir hatten mit unseren Leuten vor kurzem das Salzburg-Heute-Studio unsicher gemacht. Mehr dazu im fluru 03/2007 (pdf, mehr dazu wiederum hier, ein paar Überlegungen zu den kriminellen AusländerInnen hier).

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